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Stadtnachricht

Stadt Weinstadt und Stadtwerke Weinstadt äußern sich zu gemeinsamen Maßnahmen in der Energiekrise


Stark steigende Energiepreise und die (Un-)Sicherheit der Gasversorgung – das bewegt die Menschen in ganz Deutschland. Doch wie sieht die Lage konkret in Weinstadt aus? Wo liegen die Lösungen? Die Stadt Weinstadt und die Stadtwerke Weinstadt geben hier einen Überblick, schätzen die aktuelle Lage ein und informieren über geplante Maßnahmen.

Krisenstab eingerichtet

„Wir nehmen die Lage sehr ernst“, sagt Oberbürgermeister Michael Scharmann. So hat die Stadt Weinstadt inzwischen einen Krisenstab Energie eingerichtet, der die Lage vor Ort analysiert und bereits ein Konzept für mögliche Energieeinsparungen in den kommunalen Einrichtungen erarbeitet hat. „Mit dem Krisenstab bereiten wir uns auf Notfälle vor, damit wir stets handlungsfähig bleiben und im Krisenfall einschreiten können. Zudem wollen wir rasch so viele Maßnahmen wie möglich umsetzen, um unseren Beitrag zum Energiesparen zu leisten und dabei die Kosten des städtischen Haushalts so gering wie möglich zu halten.“

Gasversorgung in Weinstadt

Wie in vielen anderen Kommunen auch ist Erdgas in Weinstadt ein wesentlicher Energieträger. Das Gasnetz ist weit ausgebaut. Ein Viertel des Energieverbrauchs wird durch Erdgas gedeckt. Bei privaten Heizungen stellt es den anteilsmäßig größten Energieträger dar. Zudem werden rund zehn Prozent der Haushalte aus den zwei Nahwärmenetzen der Stadtwerke versorgt. Aktuell wird die Wärme zu rund 80 Prozent durch Kraftwärmekopplung (KWK) mittels Blockheizkraftwerken erzeugt. Als Brennstoff wird Erdgas eingesetzt.

Möglichkeiten bei Gasmangellage

Aktuell halten Stadt und Stadtwerke einen völligen Ausfall der Gasversorgung für unwahrscheinlich, bereiten sich aber auch für diesen Fall vor. Im Nahwärmenetz „Benzach-Endersbach Mitte“ kann im Bedarfsfall die Wärmeversorgung durch vorhandene Öl-Heizkessel weitgehend aufrechterhalten werden. Für das Nahwärmenetz „Endersbach West“ haben die Stadtwerke zwei mobile Heizzentralen mit Ölkesseln beschafft, die ab Mitte Januar 2023 im Notfall die Versorgung sicherstellen können.

Drei Warnstufen im Notfallplan Gas

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nennt in seinem Notfallplan Gas drei Warnstufen. Zuletzt wurde im Juni die Alarmstufe (Stufe 2) ausgerufen. In der Notfallstufe (Stufe 3) schreitet der Staat ein, um die Gasnachfrage zu steuern. „Ob eine Gasmangellage tatsächlich eintreffen wird, ist noch offen. Wenn die Notfallstufe ausgerufen wird, entscheidet der Staat durch die Bundesnetzagentur darüber, wer bei der Versorgung Vorrang hat. Hier sind allerdings noch viele Fragen und Details offen“, sagt Thomas Meier, Betriebsleiter der Stadtwerke. Der Plan zur Gefahrenabwehr ist derzeit, die Gasspeicher so gut wie möglich zu befüllen. Stand 12. September gelten diese zu rund 87,95 Prozent gefüllt. Allerdings fließt aktuell kein Erdgas mehr durch Nord Stream 1. So sind nun alle potenziellen Verbraucher gefragt: Wer jetzt Energie spart, trägt zu einem bestmöglich gefüllten Gasspeicher bei.

Mehrstufiges Konzept zur sparsamen Energieversorgung der kommunalen Einrichtungen

Erste Stufe des Aktionsprogramms ist zunächst die Analyse der vorhandenen Gebäude. Im Anschluss werden einfache und schnelle Maßnahmen bei Heizung und Warmwasser umgesetzt. Ziel ist, die bereits vom Gemeinderat beschlossenen Energierichtlinien noch besser in die Praxis umzusetzen.

Für die zweite Stufe wird aktuell eine Dienstanweisung Energie vorbereitet, um zum einen alle Beschäftigten für das Energiesparen zu sensibilisieren und zum anderen die Vorgaben der kurzfristigen Energiesicherungsverordnung des BMWK umzusetzen. Diese regelt unter anderem die Einhaltung bestimmter Raumtemperaturen oder den reduzierten Einsatz von Warmwasser.

In einer dritten Stufe – etwa bei einer Gasmangellage bzw. Ausruf der Notfallstufe – werden schließlich verschärfte Maßnahmen umgesetzt, die sich derzeit noch in der Abstimmung befinden. Exemplarisch dazu zählen könnte, den Betrieb des Stiftsbads und der Museen auszusetzen oder die Straßenbeleuchtung zwischen 0 und 4 Uhr abschalten.  Es ist geplant, den Gemeinderat im Oktober über die Maßnahmen und den Stand der Umsetzung zu informieren.

Weinstadts Weg raus aus fossilen Energieträgern

Das Klimaschutzgesetz des Landes legt fest, bis spätestens 2040 klimaneutral zu werden. Weinstadt unterstützt dieses Ziel als Unterzeichnerin des Klimapakts. Der Gemeinderat hat 2021 zudem beschlossen, das Ziel bereits 2035 erreichen zu wollen. Es gilt, schnellstmöglich die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auszubauen und den CO2-Ausstoß bei der Wärmeversorgung zu reduzieren. Klimaschutzmanager Friedrich Huster: „Beim Ausbau des erneuerbaren Stroms müssen wir die vorhandenen Potenziale nutzen. Dabei müssen wir auch berücksichtigen, dass mit der Digitalisierung sowie der E-Mobilität und der Wärmeerzeugung durch Wärmepumpen der Stromhunger voraussichtlich weiter zunehmen wird.“

Ausbau der Photovoltaik als Schlüssel-Maßnahme

Einer der wichtigsten Hebel ist der Ausbau der Photovoltaik, sowohl auf den Dächern als auch auf geeigneten Flächen. Dazu wurden im Sommer bereits Solardachchecks für Privathaushalte angeboten, die bei der Bevölkerung auf sehr großes Interesse gestoßen sind. Für den Ausbau von Photovoltaik auf Freiflächen hat die Stadt ein Flächen-Screening gestartet und untersucht zudem erste Flächen detailliert. Dazu gehört das Gewann Vogtshau im Stadtteil Schnait sowie der alte Steinbruch Beutelstein in Endersbach.

Weitere Maßnahmen der Stadtwerke und der Stadt

Die Stadtwerke planen derzeit, die Nahwärmenetze weiter mit wachsender regenerativer Erzeugung auszubauen. Dafür soll etwa die Abwasserwärme der Kläranlage genutzt werden. Zudem wollen die Stadtwerke einen Großspeicher sowie eine Holzhackschnitzelanlage bauen. Die Stadt erstellt derzeit gemeinsam mit den Stadtwerken einen kommunalen Wärmeplan, der bis Ende 2023 fertig sein wird. Dieser soll die Grundlage dafür bilden, eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen. Zudem gibt es in der Stadt weitere Bausteine auf dem Weg zur Klimaneutralität. Dazu zählen der Ausbau der Ladeinfrastruktur, die Entwicklung eines Integrierten Mobilitätsentwicklungsplans sowie die geplante Verabschiedung eines Klimaschutz-Sofortprogramms. Ebenso errichten die Stadtwerke auf öffentlichen Gebäuden und größeren privaten Mehrfamilienhäuser (Mieterstrom) PV-Anlagen.

Eine Bürger-Infoveranstaltung in der Jahnhalle in Zusammenarbeit mit dem Klimabündnis Weinstadt ist für den 21. Oktober geplant.